Uwe Kemmer über
Bauphysik, den Mythos U-Wert und die thermische Aktivierung der Estrichmasse
Foto @Philip Kistner
Einer der schwerwiegendsten Irrtümer bauphysikalischer Maßnahmen ist die Annahme, Dämmstoffe würden Wärmeverluste verhindern. Ihre Ursache hat das in der Überbewertung des U-Wertes. Dieser gilt bei der Berechnung von Transmissionswärmeverlusten für den nie vorliegenden Beharrungszustand: Infolge der stetigen Temperaturveränderungen im Tagesverlauf gibt es diesen Beharrungszustand, also thermisch statische Verhältnisse, nie. Wir haben es in der Thermodynamik eines Hauses mit einem dynamischen System zu tun. Es gibt Untersuchungen, deren Ergebnis die Effizienzlosigkeit von Dämmstärken über 80 mm belegen. Dieser Effekt ist mathematisch bedingt und liegt an der Hyperbelform der U-Wert-Funktion. In der realen Welt halbiert eine doppelt so dicke Dämmung eben mitnichten den Wärmeverlust.
Bei der Planung von Anlagen zur Klimatisierung von Gebäuden sollte deshalb der Speicherfähigkeit eine angemessene Bedeutung beigemessen werden. Es ist eine alte Weisheit, dass die Speicherfähigkeit der Gebäudemasse einen großen Einfluss auf die Temperaturstabilität in den Räumen hat. Diese bauphysikalischen Tatsachen führten in den vergangenen Jahren zu einem vermehrten Einsatz der „Bauteilaktivierung“. Hierbei werden Betondecken oder Betonwände mit wasserführenden Rohrregistern versehen. Die Rohrregister sorgen für eine aktive thermische Nutzung (Aktivierung) der Betonmasse und einen Ausgleich der Temperaturdifferenzen zwischen innen und außen sowie Tag und Nacht. Der Nachteil der Bauteilaktivierung ist die recht geringe Heiz- oder Kühlleistung je Quadratmeter aktiver Fläche. Je nach Lage der Rohrregister beträgt diese nur ca. 20 W pro Quadratmeter. Dieses Leistungsdefizit der Bauteilaktivierung weist der ClimaLevel Multiboden HKL nicht auf. Denn das System verwendet den Estrich als speichernde und gleichzeitig höchst aktive Masse: Der Estrich wird durch Rohrregister und zusätzlich durch die darunter strömende Zuluft aktiv und dynamisch genutzt. Man spricht hier deshalb von einer thermischen Estrichaktivierung.
Dieses System ist bauphysikalisch sinnvoll und hat das Leistungspotential für 365 Tage Wohlfühlklima im Büro- oder Wohnungsbau.